Als der Schreiber dieser Zeilen nach Mitternacht aufbrach, saß ein kleiner Teil der Teilnehmer immer noch zusammen. Dies ist umso bemerkenswerter, da einige Personen bereits um kurz nach 18.30 Uhr anwesend waren. Das Bedürfnis sich gegenseitig auszutauschen, wollte nicht enden und vielleicht fühlte man sich auch einfach nur wohl bei unserem Gastgeber – der Schankwirtschaft BAIZ. Können wir aber auch verstehen.
Zur Veranstaltung: Um kurz vor 20 Uhr begann der inhaltliche Teil des Abends mit einigen Ausschnitten des Filmes Istanbul United. Dafür bedanken wir uns auch noch einmal bei der Port-au-Prince Film & Kultur Produktion. Während noch die letzten Bilder nachwirkten, befand sich unser Moderator Robert Claus mit dem Beşiktaş-Fan und Grünen-Politiker Özcan Mutlu bereits im Gespräch. Was war Auslöser der Gezi-Proteste? Wann schwappten die Demonstrationen auf andere Landesteile über?
Nachdem die freie Journalistin Ebru Taşdemir anschließend auch darlegte, wie sich die Proteste auf die türkische Community in Berlin auswirkten, verlagerte sich der Fokus der Diskussion auf die Rolle der Fußballfans. Hierbei wurde schnell deutlich, dass die beiden Podiumsteilnehmer Özcan Mutlu und Harald ‚Hacky‘ Aumeier, Medienarbeiter aus Istanbul, sich in der Bewertung der Rolle der Fans einig waren. Darüber hinaus teilten Sie bei der Analyse des türkischen Fußballs nicht immer die gleichen Einschätzungen. Immer wieder „schimmerten“ die persönlichen Vereinspräferenzen durch – und damit auch ein etwas anderer Blick auf den türkischen Fußball. Dies sorgte für einige lächelnde Gesichter. Folglich blieb in Bezug auf den Vereinspräsidenten von Fener auch die Frage offen, wo die genuinen Unterschiede zwischen einem Waffenhersteller und einem Waffenhändler liegen.
Nachdem über mögliche Ursachen der Schüsse auf den Fener-Bus spekuliert wurde – der Anschlag in der Vorwoche hatte die Fußball-Türkei in Atem gehalten – wurde der große Bogen zurück zu Gezi geschlagen. So endete der offizielle Teil der Veranstaltung mit den Ausführungen zum Stand der aktuellen Gerichtsprozesse gegen die Çarşı-Ultras. Über deren Ausgang gab es unterschiedliche Einschätzungen. Positive Zeichen oder eine weiterhin angespannte Situation für die Angeklagten? Kommt auf das Auge des Betrachters an! Nach der nächsten Verhandlungsrunde am 26. Juni werden wir schlauer sein. Aktuelle Leseempfehlung dazu: Zwischen Anpassung und Widerstand – Zur Situation der türkischen Ultras im Jahr 2015 aus dem Lower Class Magazine.
Zur Feier der gelungenen Premiere von Gesellschaftsspiele gab es im Nachgang noch Raki und Baklava. Das Süßgebäck war zu diesem Zeitpunkt des Abends aber nur noch in dezimierter Form vorhanden. Wir interpretieren dies als Lob für den Bäcker. Vielleicht auch ein klein wenig für uns – wir zählten ca. 60 TeilnehmerInnen, der Wirt der BAIZ um die 70. Das hat uns sehr gut geschmeckt. Nicht unerwähnt soll bleiben, dass aufgrund einer umherwandernden Spendendose und Referenten ohne Aufwandsentschädigungen, 130 Euro zusammengekommen sind. Diese werden an einen Verein gespendet, der im Bereich Flüchtlingsarbeit aktiv ist. Mehr über diese Organisation im nächsten Beitrag.
Wir bedanken uns bei allen anwesenden Personen, die auf diese oder jene Weisen dazu beigetragen haben, dass es ein runder Abend wurde. Bleibt uns gewogen – es geht (immer) weiter!
Foto: © Gesellschaftsspiele
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