Im Nachgang zu unserer Veranstaltung The revolution will not be televised – Fußballfans in der Türkei und ihre Rolle bei den Gezi-Protesten 2013 gibt es ein kompaktes Seminar vor Ort. Rund um den letzten Çarşı-Prozess-Tag am 26. Juni werden wir anwesend sein und uns mit Akteuren der Zivilgesellschaft austauschen. Zwei Restplätze sind für Mitglieder noch verfügbar.
Kategorie: Medienschau – ausgewählte Artikel (Seite 1 von 3)
Wer sich für dieses Thema nteressiert, wird zwangsläufig bei Futbolgrad landen. Wir können zum Besuch der Homepage nur zuraten. Sehr informative und kurzweilige Artikel, geschrieben in den meisten Fällen von Manuel Veth. Dieser ist PhD-Kandidat an der University of London King’s College und sein Forschungsthema lautet : „Selling the People’s Game: Football’s transition from Communism to Capitalism in the Soviet Union and its Successor States”. Den kritischen Rückblick „2014 – A most forgettable year in Russian football” haben wir aber Toke Møller Theilade zu verdanken – eine Leseempfehlung.
Über den Themenabend „Antisemitismus im Fußball“ schreibt Morten Freidel für die FAZ. Die Kooperationsveranstaltung zwischen dem jüdischen Verein Maccabi Frankfurt und dem FSV Frankfurt hat nicht zuletzt etwas mit dem letztjährigen Sponsor des FSV, der arabischen Fluglinie Saudia zu tun. Diese fliegen nämlich lieber ohne Juden. Den Vertrag gibt es nicht mehr, Gesprächsbedarf zu Antisemitismus im Fußball schon.
Einen weiteren, sehr lesens- und hörenswerten Beitrag zum Thema wieder einmal vom Sportjounalisten Ronny Blaschke. Wie sich Antisemitismus akustisch darstellen kann, bewiesen Teile des Dresdner K-Blockes im Spiel gegen die Frankfurter Eintracht aus dem Jahr 2011.
Bei den geführten Debatten rund um den modernen Fußball wird vieles sehr vereinfacht dargestellt und sich häufig in eine Melancholie geflüchtet, die nur schwer auszuhalten ist. Die Fetischisierung des traditionellen Fußballsports lässt insgesamt doch mehr Fragen als Antworten offen. Früher war natürlich nicht alles besser. Nicht weniges dagegen extrem beschissen. Urwaldlaute bei farbigen Spielern und homogene Männerkurven sind in deutschen Bundesligastadien überwiegend Relikte aus der alten Zeit. Nicht aus der guten alten Zeit. Dieser zivilisatorische Sprung ist anzuerkennen und trotzdem kein Grund, der ungebremsten Kommerzialisierung des Fußballs kritiklos auf den Leim zu gehen. Vice Sports mit einem –für ihre Verhältnisse- okayen Artikel. Sehr schön auf jeden Fall der Bezug auf das englische Fanzine Stand.
Im Heimathafen Neukölln wurde der Dokumentarfilm „Liga Terezin“ gezeigt und Martin Krauss gibt für die Jüdische Allgemeine den Filminhalt und den Verlauf der Aufführung wider. Wir waren jedenfalls froh, dieser bemerkenswerten Veranstaltung als Zuschauer beiwohnen zu dürfen.
Berühmt und berüchtigt, verehrt und gehasst – die Ultras von Al-Ahly, Ahlawy (UA-07). Wohl keine Gruppe ist so sehr mit Politik verbunden wie UA-07. Dies hat maßgeblich mit ihrer Beteiligung am Aufstand gegen das Mubarak-Regime zu tun. Für diesen Kampf zahlten und zahlen sie einen hohen Preis. Die schweren Ausschreitungen in Port Said mit 74 toten Zuschauern, die meisten davon Ultras aus Kairo, werden häufig als gelenkte Racheaktion der alten Eliten bezeichnet. Zum dritten Jahrestag des Blutbades veröffentlichte Al Jazeera einen Film von Alma Mosbah über UA-07. Anschauen!
Gerade in Anbetracht der Tatsache, dass in diesen Breitengraden nur sehr wenige Informationen über die ungarische Fußballszene hinüberschwappen, erfreuen wir uns über einen seltenen Beitrag zum Thema. In diesem Fall ein Interview zwischen Fussball-gegen-Nazis.de und der NGO Szubjektív Értékek Alapítvány (Stiftung für subjektive Werte) über die Probleme in den regionalen Fankurven. Wenig überraschend –und sich deckend mit unseren Wahrnehmungen vor Ort- kommen diese von rechts außen.
Bewegte Bilder über das Babelsberger Fußballteam „Welcome United Nulldrei“ – ehemals das „Nulldrei-Refugees-Team“- lassen sich ganz aktuell bei DFB TV, oder auch bei der Deutschen Welle und als Mini-Version bei der ARD anschauen. Für einen allgemeinen Überblick zur Situation Geflüchteter im Kontext von Fußball und Fankultur wird der Artikel Refugees Welcome? von Lieven Ullwer empfohlen.
Mittlerweile scheint es auch in Großbritannien angekommen zu sein, dass “Crystal Meth in den deutschen Stadien wütet” (Welt). Der neuerliche dazu passende Artikel stammt von Kit Holden, Independent. Noch spannender ist aber der Beitrag von Mark Piggott für die International Business Times. Spannend zu sehen, mit welch einer journalistischen Sorgfalt ein Artikel entstehen kann. Nicht.
Bevor nur das erste Wort gelesen wird, bekommt die Leserschaft das Bild einer Rauchbombe im Gästeblock des HSV präsentiert. Gewollte Assoziation: Völlig enthemmte Hools (in der Bildunterschrift wird auch von Hooligans geschrieben) drehen unter dem Einfluss von Crystal Meth komplett durch. Der Fakt, dass es sich bei Rauchbomben und bengalischen Fackeln, also Pyrotechnik, um ein in Ultra-Kreisen weitestgehend akzeptiertes Stilmittel handelt, interessiert nicht. Dass dieses Foto zudem beim Nord-Derby gegen Werden Bremen entstand, also in einer Paarungskonstellation, wo es für gewöhnlich raucht und zischt, lässt den Autor auch nicht umdenken.
Piggott spricht später das Dortmunder Spruchband „Ey Nürnberg: Kein Geld für Kokain? Oder warum den billigen Dreck aus Tschechien ziehen?“ an, ohne auf mögliche Hintergründe einzugehen. Nicht erwähnt werden die Anspielungen, die sich aus den Anfangsbuchstaben der Wörter „billigen“, „Dreck“ und „aus“ ergeben sollen. Die Buchstaben BDA stehen für Banda di Amici, einer Ultragruppe aus Nürnberg, der das Transparent galt. Es handelte sich demnach um einen verbalen Angriff einer Ultragruppe auf eine andere und nicht primär um eine öffentliche Drogenberatung. An anderer Stelle werden Verantwortliche aus Dortmund mit den Worten zitiert, bei Meth-Konsum handele es sich um ein gesellschaftliches Problem. Nun hat Piggott seinen Artikel offensichtlich auf dem Geschriebenen von Holden aufgebaut. In diesem ging aber noch um Dresden und nicht Dortmund. Aber beide Städte beginnen schließlich mit einem großen D – D wie Crystal Meth.
Eine reale Darstellung über Sucht- und Betäubungsmuster in Fanszenen bietet der Artikel selbstverständlich nicht. Aber was soll man auch von einem Beitrag erwarten, der es am Ende tatsächlich schafft, bei Breaking Bad und Hitler zu landen?