Gast: Fankurve Ost

Allein in Berlin gibt es unzählige Initiativen, die soziales Engagement mit Fußballsport verbinden. Während für einige die Wahrheit auf dem Platz liegt, beschäftigen sich andere mehr theoretischer Natur mit dem Fußball. So unterschiedlich die Vereine und Initiativen aber auch aufgestellt sind, sie machen sich alle den Fußballsport zu nutze. Wie dies konkret geschieht, mit welchen Herausforderungen die Initiativen zu kämpfen haben, und warum es lohnt, sie dennoch zu unterstützen, wird einmal in der Woche genauer untersucht werden. Freitag ist Initiativentag bei Gesellschaftsspiele.

Was macht ihr so

Wie lange seid ihr schon aktiv?

Das erste Seminar zur „Fußball-Fankultur in der Offenen Gesellschaft“ haben wir im April 2014 organisiert, damals noch mit einem anderen Träger. Wir sind ja kein eigenständiger Verein, sondern ein Projekt, wenn man so will. Das zweite Seminar fand dann aber schon unter dem Dach des Deutsch-Russischen Austauschs e.V. statt, was sich als sehr furchtbare Kooperation herausgestellt hat, da der Verein über 25 Jahre Erfahrung mit zivilgesellschaftlichen Projekten in Osteuropa hat. Und auch unser Fokus ist mit Russland, Belarus und der Ukraine der östliche Teil Europas.

Was hat zur Gründung eurer Initiative geführt?

Mein Partner Peter organisierte damals schon einwöchige Seminare für Teilnehmer aus Osteuropa, in denen er die Leute nicht in einen Seminarraum gesetzt hat, um ihnen von Experten die Funktionsweisen der Zivilgesellschaft erklären zu lassen. Die Seminare waren mehr Touren durch die hiesige Landschaft, „Zivilgesellschaft“ zu unterschiedlichen Themen, wie beispielsweise „Politik von unten“. Das heißt: In einer Wochen trafen die Teilnehmer auf zahlreiche Initiativen und Aktivisten, was einen kritischen Reflexionsprozess in Gang setzen sollte. Peter, den ich schon seit vielen aus der gemeinsamen Arbeit zu Belarus kenne, kam dann auf mich zu und fragte mich, ob ich nicht eine Idee für solch ein Seminar hätte. Als Fußballfan und Osteuropa-Kundiger war mir sofort klar, dass ich die beiden Themen verbinden will. Und ich wusste, dass wir in Deutschland eine sehr aktive Fanszene haben, dazu viele engagierte Initiativen, die sich gegen Rassismus einsetzen, für Fanrechte, für den Erhalt von 50plus1, die sich auf einem hohen Level selbst organisieren und staatlichen und fußballerischen Institutionen als mündige Bürger auf Augenhöhe begegnen. Nichts anderes ist Zivilgesellschaft. Wir haben dann gleich gemerkt, dass diese Verbindung Fußball-Fankultur und Osteuropa sehr gut funktionieren könnte.

Habt ihr Partner? Mit wem kooperiert ihr?

Wir werden teilweise vom Auswärtigen Amt finanziert, aus dem Topf, der zivilgesellschaftliche Projekte in Osteuropa unterstützt. Zudem kooperieren wir seit Beginn mit dem Fanprojekt Berlin. Bei unseren Workshops bekommen wir Unterstützung von der Koordinationsstelle Fanprojekte (KOS). Und für unseren Newsletter, der Informationen aus osteuropäischen Medien rund um die anstehende WM in Russland aufbereitet, kooperieren wir mit n-ost, dem Netzwerk für Osteuropa-Berichterstattung. Für die Seminare haben wir ein ganzes Netz aus Initiativen, Journalisten, Referenten, Fanclubs, Funktionären von Fußballvereinen oder auch Vertretern der Polizei, die unseren Teilnehmern für Treffen und Gespräche immer wieder zur Verfügung stehen und ihr Wissen mit uns teilen.

Was sind eure zentralen sozialen und politischen Anliegen?

Wir nutzen den Fußball, um Journalisten und Fans aus Osteuropa zu zeigen, wie man sich selbst organisieren kann, wie man seine Interessen vertritt, wie man mit Problemen in den eigenen Szenen umgehen kann, wie man einen Kompromiss erreicht, wie eben eine lebendige, offene und demokratische Gesellschaft funktioniert – auch mit all ihren Widersprüchen und Problemen. In Osteuropa sind Fans autokratische Strukturen gewöhnt. Zudem funktioniert der komplette Fußball anders, da es keine Mitglieder-Vereine gibt, sondern die Vereine von Oligarchen und Staatsunternehmen geführt werden. Da spielt die Partizipation und Mitbestimmung von Fans überhaupt keine Rolle. Wenn man so will, leisten wir also Demokratisierungsarbeit.

Fankurve Ost

In welchen sportlichen Bereichen engagiert sich euer Verein?

Wir sind nur im Fußball unterwegs, da der Fußball die größte Strahlkraft, wenn man so will, hat, und weil es wohl in keiner anderen Sportart eine derartig institutionalisierte Fankultur gibt. Der Fußball hat auch den Vorteil, dass wir damit andere Leute erreichen, die sich in Osteuropa außerhalb der üblichen zivilgesellschaftlichen und politischen Diskurse bewegen, eben weil der Begriff „Politik“ an sich durch Autokraten wie Lukaschenka und Putin negativ geprägt wird, will heißen: Beschäftige dich bloß nicht mit Politik, sonst bekommst du Probleme.

Wie kann man euch unterstützen?

Am besten, in dem man uns auf Facebook folgt und auch seinen eigenen Blick ein wenig für Osteuropa öffnet. Zudem freuen wir uns bei öffentlichen Veranstaltungen und Diskussionen, die wir immer mal wieder organisieren, über neugierige Gäste. Auch kann man unseren Newsletter zur WM in Russland abonnieren.

 

Homepage

Facebook

Twitter