Wie bewerten Sie die derzeitige Situation in den Stadien der Ersten und Zweiten
Bundesliga im Bezug auf die Proteste gegen die Investorenbeteiligung an den
Medienrechten der DFL?
„Die Proteste sind Ausdruck einer lebendigen und kritischen Fankultur in Deutschland. Schon im vergangenen Jahr wurde bundesweit protestiert und konkrete Kritik am geplanten Investoren-Deal artikuliert. Die gescheiterte Abstimmung im Mai 2023 war ein beeindruckender Erfolg der Fanszenen. Die kurzfristige anberaumte und erneut geheim durch geführte Abstimmung für einen
Investoren-Deal 2.0 zeigt das mangelnde Transparenz- und Demokratieverständnis des DFL- Präsidiums. Die Zuspitzung der Proteste und die Spielunterbrechungen sind eine direkte Konsequenz dieses fragwürdigen Verhaltens.“
Wird es voraussichtlich Spielabbrüche geben?
„Der sogenannte Drei-Stufen-Plan des DFB ist allen Beteiligten spätestens seit den Fast- Spielabbrüchen in der Causa Hopp hinlänglich bekannt. Leider ist dieser Plan nie zur Anwendung gekommen, wenn Spieler rassistisch beleidigt wurden oder es homophobe Banner im Stadion zu sehen gab. Im Zuge der aktuellen Proteste wird der Drei-Stufen-Plan nun interessanterweise wieder berücksichtigt. An einem Spielabbruch haben aber auch die Fans kein Interesse und wissen dank des Drei-Stufen-Plans, wie weit sie die Spielunterbrechungen ausreizen können. „
Was fordern Sie von der DFL in der derzeitigen Situation?
„Wir schließen uns der Forderung der aktiven Fanszenen an, Investoren keinen Zugriff auf die DFL zu geben. Wenn es neues Geld braucht – und schon daran kann man berechtigte Zweifel äußern –, dann ist nach alternativen Finanzierungsmöglichkeiten zu suchen. Keine Investoren! Diese
Diskussion muss wieder aufgenommen werden, offen und unter Einhaltung und Achtung der 50+1-Regel erfolgen. Nur so kann eine demokratische und transparente Entscheidung in dieser Angelegenheit erreicht werden.“
Welche langfristigen Auswirkungen hätte ihrer Meinung nach die Investorenbeteiligung an den Medienrechten auf eine durch Fans getragene einmalige Stadionkultur?
„Das System Fußball versucht, auf Pump seine kaputten Kreisläufe am Leben zu halten. Neues Geld soll alte Probleme zuschütten. Das Geld kommt von windigen Investoren, die ihren Einfluss geltend machen wollen und vor allem Rendite erzielen müssen. Letztlich droht eine weitere Kapitalisierung des Sports mit noch mehr Event, Marketingreisen, hohen Ticketpreisen und Spieltags-Zerstückelung. Die leblose Fankultur der Premier League ist für uns Abschreckung und kein
Vorbild.“