Mittlerweile scheint es auch in Großbritannien angekommen zu sein, dass “Crystal Meth in den deutschen Stadien wütet” (Welt). Der neuerliche dazu passende Artikel stammt von Kit Holden, Independent. Noch spannender ist aber der Beitrag von Mark Piggott für die International Business Times. Spannend zu sehen, mit welch einer journalistischen Sorgfalt ein Artikel entstehen kann. Nicht.
Bevor nur das erste Wort gelesen wird, bekommt die Leserschaft das Bild einer Rauchbombe im Gästeblock des HSV präsentiert. Gewollte Assoziation: Völlig enthemmte Hools (in der Bildunterschrift wird auch von Hooligans geschrieben) drehen unter dem Einfluss von Crystal Meth komplett durch. Der Fakt, dass es sich bei Rauchbomben und bengalischen Fackeln, also Pyrotechnik, um ein in Ultra-Kreisen weitestgehend akzeptiertes Stilmittel handelt, interessiert nicht. Dass dieses Foto zudem beim Nord-Derby gegen Werden Bremen entstand, also in einer Paarungskonstellation, wo es für gewöhnlich raucht und zischt, lässt den Autor auch nicht umdenken.
Piggott spricht später das Dortmunder Spruchband „Ey Nürnberg: Kein Geld für Kokain? Oder warum den billigen Dreck aus Tschechien ziehen?“ an, ohne auf mögliche Hintergründe einzugehen. Nicht erwähnt werden die Anspielungen, die sich aus den Anfangsbuchstaben der Wörter „billigen“, „Dreck“ und „aus“ ergeben sollen. Die Buchstaben BDA stehen für Banda di Amici, einer Ultragruppe aus Nürnberg, der das Transparent galt. Es handelte sich demnach um einen verbalen Angriff einer Ultragruppe auf eine andere und nicht primär um eine öffentliche Drogenberatung. An anderer Stelle werden Verantwortliche aus Dortmund mit den Worten zitiert, bei Meth-Konsum handele es sich um ein gesellschaftliches Problem. Nun hat Piggott seinen Artikel offensichtlich auf dem Geschriebenen von Holden aufgebaut. In diesem ging aber noch um Dresden und nicht Dortmund. Aber beide Städte beginnen schließlich mit einem großen D – D wie Crystal Meth.
Eine reale Darstellung über Sucht- und Betäubungsmuster in Fanszenen bietet der Artikel selbstverständlich nicht. Aber was soll man auch von einem Beitrag erwarten, der es am Ende tatsächlich schafft, bei Breaking Bad und Hitler zu landen?