Eine symbolische Rückbenennung

1913 und 1915 fasste der Berliner Magistrat Beschlüsse, die Straße durch den Exer, den heutigen Jahn-Sportpark, in Prenzlauer Berg nach dem jüdischen deutschen Verleger Rudolf Mosse zu benennen. Geehrt wurde damit nicht nur „der lebendige Gemeinsinn und das warme Interesse“ des Stifters und Mäzens, sondern mit großer Wahrscheinlichkeit auch dessen Spende für die Umgestaltung des ehemaligen Exerzierplatzes an der einsamen Pappel in einen Sportpark.

Die pazifistische, dezidiert republikanische und liberale Haltung Rudolf Mosses erklärt den Widerstand kaiserlich-militärischer Kreise und die sieben Jahre, die es dauerte, bis am 31. Mai 1920 die Benennung stattfand. Mosses Nachfolger in der Leitung des Unternehmens gehörten zu den vehementesten Verteidigern der Weimarer Republik und entsprechend zu den Lieblingsfeinden der aufsteigenden Nazi-Bewegung. 1933 wurde der Mosse-Konzern als erstes der großen jüdischen Unternehmen im Reich enteignet und „arisiert“ und 1935 auch der Straßenname aus den Stadtplänen entfernt und die Rudolf-Mosse-Straße in Verlängerte Sonnenburger umbenannt. 

Nach 1945 wurde die Straße unter Trümmerschutt begraben und 1950 im Zuge der Umgestaltung für die Weltfestspiele der Jugend offiziell aufgehoben. Während heute der Name des Sportparks an Friedrich Ludwig Jahn und der der Sporthalle an Max Schmeling erinnert, weist nichts auf Rudolf Mosse und seine Verdienste um den Berliner Sport und die Jugendwohlfahrt hin. Viele Anwohner wissen nicht einmal, dass es in ihrer Nachbarschaft einst eine Rudolf-Mosse-Straße gab.

Das hat sich am 2. Juni – wenigstens temporär – geändert. Die Initiative „Mosse erinnern!“, die sich unter dem Dach von Gesellschaftsspiele e.V. zusammengefunden hat, hat aus Anlass des 100. Jahrestags der Benennung am südlichen Ende der Rudolf-Mosse-Straße ein Straßenschild mit dem ursprünglichen, also dem richtigen Namen überklebt.

Eigentlich sollte zu dieser Zeit am historischen Ort auch eine Ausstellung über die Straße eröffnet und zwei Wochen später ein Jugend-Fußballturnier um den Mosse-Pokal ausgespielt werden. Wegen Corona ist die Ausstellungseröffnung nun auf den 8. September 2020 verschoben, das Turnier soll am 23. September stattfinden. An den Tagen dazwischen werden Vorträge und Stadtführungen angeboten. 

Aktuelle Infos über die Initiative „Mosse erinnern!“ gibt es unter www.mossestrasse.de 

Ein halbstündiges Feature „Rudolf Mosse – Die Geschichte eines deutschen Verlegers“ von Holger Siemann ist in der Mediathek des Deutschlandfunk Kultur zu hören.