Gast: Roter Stern Berlin

Allein in Berlin gibt es unzählige Initiativen, die soziales Engagement mit Fußballsport verbinden. Während für einige die Wahrheit auf dem Platz liegt, beschäftigen sich andere mehr theoretischer Natur mit dem Fußball. So unterschiedlich die Vereine und Initiativen aber auch aufgestellt sind, sie machen sich alle den Fußballsport zu nutze. Wie dies konkret geschieht, mit welchen Herausforderungen die Initiativen zu kämpfen haben, und warum es lohnt, sie dennoch zu unterstützen, wird einmal in der Woche genauer untersucht werden. Freitag ist Initiativentag bei Gesellschaftsspiele.

Was macht ihr so

Wie lange seid ihr schon aktiv? Was hat zur Gründung eurer Initiative geführt?
Im Umgang mit rechten und extrem rechten Einstellungen gibt es in der lokalen Jugendarbeit, besonders im Sport, große Defizite. Rechtsextreme Einstellungen sind sowohl bei Mitgliedern als auch bei Fans deutlich zu erkennen. Oft genug wird diesem Missstand von Vereinen mit Verharmlosungen oder sogar Verständnis begegnet. Menschen, die unter solchen Umständen keinen Sport treiben wollten, hatten bisher nur die Möglichkeit, es zu lassen oder auf individualisierte, kommerzielle Angebote zurückzugreifen. Seit April 2012 hat sich das geändert. Der Rote Stern Berlin stellt einen Gegenpol dar. Wir suchen die Auseinandersetzung mit diskriminierenden, rassistischen, sexistischen Einstellungen und diskriminierendem Verhalten. Öffentlich, mit anderen Vereinen und vor allem bei uns selbst.
Leistungsdruck und Körperkult sind oftmals Begleiterscheinungen sportlicher Betätigung. Mit ihnen wollen wir uns ebenso kritisch auseinandersetzen, wie mit aktuellen und historischen Funktionen von Sport in der Gesellschaft und durch Sport hervorgerufenen oder unterstützten Geschlechterrollen. Für uns ist es wichtig eine Verbindung zwischen den sportlichen Aktivitäten, wie Training und Wettkämpfen und den formulierten Ansprüchen herzustellen und für diese nicht nur im Verein, sondern darüber hinaus einzutreten. Unserer Auffassung nach gilt insbesondere im sportlichen Bereich: Menschen verbindet mehr als sie trennt. Und weil dem so ist, nutzen wir unsere Vielfältigkeit als Stärke für das Gestalten von sportlichen und politischen Aktivitäten. Natürlich bieten wir Geringverdienenden oder Empfängern staatlicher Leistungen einen Sozialtarif an, der unabhängig der jeweiligen finanziellen Situation erlaubt, eine Mitgliedschaft im Verein zu erhalten.
Der Aufbau von Perspektiven und die Entwicklung von Eigeninitiative und Solidarität bei unseren Aktiven liegt uns besonders am Herzen. Denn selbst wenn sportlicher Erfolg ein unschlagbares Argument für einen Sportverein darstellt, lohnt es nicht, dem Erfolg alles unterzuordnen.

Habt ihr Partner? Mit wem kooperiert ihr?
In der Vergangenheit haben wir regelmäßig mit Parteien der Mitte und links davon zusammengearbeitet. Bei Sportveranstaltungen, Turnieren und Festen haben Vertreter*innen von SPD, Grüne und Linkspartei mit Informationsständen, Transparenten und Reden geworben.
Das Portal Stifter-Helfen unterstützen uns mit Projekt- und Softwarespenden. Kooperationspartner, Sachspender und Fördergeldgeber der vergangenen Jahre v.a. für Bildungs- und Sportprojekte waren u.a. Alba Berlin, Eisbären Berlin, Haus der Jugend bunte Kuh, Haus der Jugend Mitte, Jugendclub Lynar, Falken Berlin, Naturfreunde Berlin, Berliner Obdachlosenhilfe, Salam e.V., Yaar – Bildung, Kultur, Begegnung e.V., Bezirksamt Mitte v. Berlin, Quartiersmanagement Pankstraße, Puk a malta gGmbH, Getränke Hoffmann GmbH, Torenz & Partner – Soziale Finanzberatung, Ingrid Volz und Klaus-Dieter Teufel Stiftung, Amadeu-Antonio-Stiftung, Rosa-Luxemburg-Stiftung, sowie Freelancer und Einzelpersonen. Jährlich kooperieren wir mit zwei Schulen im Bezirk Wedding, einmal jährlich im Rahmen eines Sportfestes unmittelbar vor dem 1. Mai, sowie die kontinuierliche Leitung eines Profilkurses im Rahmen des Schulunterrichts.
Wir sind in lokalen Stadteilbündnissen aktiv und koordinieren maßgeblich die AG Sport im Willkommensnetzwerk „Wedding Hilft!“ um Neuberliner*innen einen neuen sportlichen Bezugspunkt zu bieten und Perspektiven zu eröffnen. Neben der Mitgliedschaft im Verein „Fußballfans gegen Homophobie“ bestehen weitere im Behinderten- und Rehabilitationssportverband, dem Berliner Box-Verband und dem Landessportbund Berlin.

Was sind eure zentralen sozialen und politischen Anliegen?
Unser wichtigster Wert im Vereinsleben ist Diskriminierungsfreiheit. Das bedeutet für uns in erster Linie, dass jede*r bei uns willkommen ist, der*die ebenfalls diskriminierungsfrei Sport machen möchte. Wir wollen, dass unsere Unterschiedlichkeit nicht zur Trennung führt, sondern, dass wir eine offene Atmosphäre haben, in der auch kontrovers diskutiert werden kann. Der Sport ist dabei unsere erste Gemeinsamkeit bei dem wir zusammenkommen. Alle unsere Mitglieder sind dafür verantwortlich, dass Diskriminierung auf individueller und struktureller Ebene besprochen wird.
Es soll dabei nicht bei dem individuellen Anspruch bleiben, dass wir uns beim Sport wohlfühlen wollen. Die Diskussionen und die gemeinsamen Aktivitäten sollen auch zum Nachdenken anregen, wie wir unsere Gesellschaft gestalten wollen, oder wo wir aktuelle Probleme sehen.
Nicht nur wir als Vereinsmitglieder sollen die positive Erfahrung eines nichtdiskriminierenden Umgangs machen, sondern alle Menschen: in unserem Umfeld, in unserer Gesellschaft. Das ist unser Anspruch. Außerdem wollen wir als Verein vorallem Platz geben, selbst zu gestalten: selbst neue Sportarten ausprobieren, diese als Trainer*in anbieten und dabei gemeinsam lernen. Wir sind kein Dienstleistungsunternehmen, sondern eine Gruppe von Menschen, die ehrenamtlich und solidarisch, Sport- und Bildungsangebote aufbauen will.

Roter Stern Berlin

In welchen sportlichen Bereichen engagiert sich euer Verein?
Der Verein Roter Stern Berlin bietet vielfältige Möglichkeiten, sich sportlich auszuleben. Etabliert sind die Bereiche Fußball und Boxen, aber auch Basketball oder Fitness für Senior*innen sind feste Bestandteile unseres Vereins. Fußball und Boxen ist bereits unterteilt in Breiten- und Leistungssport. Einige trainieren just for fun, andere weil sie den nächsten Wettkampf gewinnen wollen. Für beide Sportarten gibt es Kinder- und Jugendgruppen.
In Basketball trainieren ein Kinder- und ein Erwachsenenteam, die das mittelfristige Ziel haben, in einem festen Ligabetrieb teilnehmen zu können. So vielfältig die Interessen und auch Ansprüche des Einzelnen sind, eint uns alle die Überzeugung von einer Gemeinschaft ohne Diskriminierung und Leistungsdruck und dem Sport als miteinander statt gegeneinander.

Wie kann man euch unterstützen?
Finanziell und ideell. Uns ist es wichtig auf die finanziellen Möglichkeiten unserer Mitglieder einzugehen. Deshalb liegt der Mitgliedsbeitrag, je nach Status, zwischen einem und sieben Euro im Monat; im Vergleich zu anderen Vereinen fast nichts, daher benötigen wir kontinuierlich Spenden und Fördergelder, um unseren Vereinsbetrieb kontinuierlich auszubauen und weiterzuentwickeln. Wir haben einige engagierte Menschen im Verein doch leider fehlt an zentralen Stellen die Professionalität und die zeitlichen Ressourcen. Daher suchen wir auch ideelle Unterstützung. Aktuell suchen wir:

  • einen stellv. Finanzwart,
  • erfahrene Menschen in der Medien- und Öffentlichkeitsarbeit,
  • pädagogisch Interessierte/Verantwortliche für die Kinder- und Jugendgruppen und
  • einen Schriftwart für die Inventarisierung.

Informationen:
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Bisher in dieser Serie erschienen:
AMANDLA EduFootball