Das Spitzenspiel der J-League hat uns ins „Saitama Stadium 2002“ gelockt. Hier, gut eine Stunde nördlich des S-Bahn-Rings von Tokio, wurde vor ziemlich genau 15 Jahren das Halbfinale der Fußballweltmeisterschaft ausgetragen.
Heute spielen die Urawa Red Diamonds gegen den amtierenden japanischen Meister, die Kashima Antlers. Aufgrund eines Feiertages findet das Spiel an einem Donnerstag Mittag statt, dennoch ist das Stadion ist bereits im Vorfeld ausverkauft. Gut 57.000 Zuschauer, darunter viele Familien mit Kindern, wollen die Partie des Tabellenführers aus der Präfektur Saitama gegen den Tabellendritten sehen.
Vor dem Stadion
Gemeinsam mit Heim- und Auswärtsfans stärken wir uns vor den Stadiontoren noch mit einem erfrischenden Radler, holen unsere reservierten Tickets ab und sehen den Menschenstrom von der Metro die Bahnlinie entlang an einem Bambushain vorbei in Richtung Tribünen fließen. Die roten Trikots leuchten in der Mittagssonne, die Stimmung ist friedlich.
Wir begeben uns auf die Suche nach unseren Sitzplätzen. Unsere Eintrittskarten sind – wenig überraschend – komplett auf Japanisch. Desorientiert zeigen wir die Tickets einem der Ordner, der uns bittet ihm zu folgen und uns über die komplette Tribüne bis zu unserem Sitzplatz bringt. Kein schlechter Service.
Zweiteilige Choreo der Urawa-Fans
Auf unseren Plätzen auf der Gegengerade haben wir beide Kurven gut im Blick. Schon vor Anpfiff singen sich Heim- und Auswärtsfans warm. Zum Einlauf der Team präsentiert die Heimkurve eine zweiteilige Choreografie. Zunächst wird eine große Blockfahne mit rotem Herz und einer 12 präsentiert. Danach folgt eine Botschaft aus tausenden Plastikfolien, die an die gegnerischen Fans gerichtet ist: „true red“. Denn beide Clubs spielen normalerweise in rot.
Die Stimmung ist jetzt deutlich hitziger als außerhalb des Stadions. Sowohl die Heim- als auch die Auswärtskurve singt das komplette Spiel in einer Lautstärke, die locker mit europäischen Tribünen mithalten kann. Viele Banner und Zaunfahnen sind in ihrer Gestaltung an die italienischer und spanischer Ultras gehalten. Bei den Gesängen hat man sich auch von englischen Kurven inspirieren lassen. Die Melodien klingen vertraut.
Kein Mangel an Fahnen im Auswärtsblock
Das Spiel ist zunächst von vielen Fehlpässen im Mittelfeld geprägt, bis Mū Kanazaki – der vier Bundesligaspiele für Nürnberg bestritten hat – einen Fehler der Heimmannschaft nutzt und die Antlers in Führung bringt. Während die Heimkurve konstant weiter singt, werden die Zuschauer auf der Tribüne bereits nervös. Unserer Sitznachbar auf der Gegengerade rastet mittlerweile bei jedem Pfiff des Schiedsrichters gegen die Heimmannschaft aus und schimpft sich die Seele aus dem Leib. So laut und unbeherrscht wie im Stadion haben wir die Menschen in Japan bisher nicht erlebt.
Zur Halbzeit freuen wir uns über das reichhaltige kulinarische Angebot im Stadion. Wir decken uns mit Sushi-Ecken und einem Snack, den man als French Toast Sticks bezeichnen könnte, ein. Auch Bier wird ausgeschenkt.
Mittelfeldgeplänkel
In der zweiten Spielhälfte wird das Spiel offener. Die Urawa Reds müssen treffen und investieren mehr. Es reicht allerdings nur für einen Pfostenschuss, der Ausgleich will nicht mehr fallen. Zum Ärger der Heimfans, die ihre Mannschaft 90 Minuten mit aller Kraft unterstützt haben. Als sich die Urawa-Spieler von ihren Anhängern verabschieden und bedanken wollen, werden sie gnadenlos ausgepfiffen.
Wir treten den Heimweg an, nicht ohne unseren Müll zu sortieren. Im Stadion lässt keiner der Fans etwas liegen. Becher, Essensreste, Verpackungen – alles wird getrennt und separat entsorgt. Und alle halten sich daran. Eine interessante Erfahrung in einem Fußballstadion.
In der Metrostation sind Heim- und Auswärtsfans wieder vereint. Die aufgehitzte Atmosphäre aus dem Stadion ist verschwunden. Das Sicherheitspersonal im Bahnhof trägt Urawa-Trikots und koordiniert mit roten Leuchtstäben die Abreise der Fans. Wir fahren zurück nach Tokio.
Mülltrennung im Stadion
Mehr Bilder vom Spiel gibt es hier.
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